Hast Du schon einmal in der Psychologie von sog. „Schatten“ oder „Schattenarbeit” gehört?
Was sind Schatten (Psychologie)?
Der Begriff „Schatten“ kommt aus der Analytischen Psychologie des Schweizer Psychiaters Carl Gustav Jung (*1875 – † 1961).
Schatten sind verdrängte Anteile der Psyche bzw. Seele: Alles, was dem Menschen Angst oder Schuldgefühle bereitet, wovor er sich fürchtet, was er nicht versteht und dem er sich derzeit nicht stellen möchte, verdrängt er ins Unbewusste, wo er sich zunächst einmal nicht drum kümmern muss.
Dazu gehört auch die Angst vor der eigenen Endlichkeit. Das ist unser größter Schatten.
Doch alles Verdrängte ist ja nicht einfach weg, es ist nur gut verstaut. Oftmals so gut, dass der Besitzer gar nicht mehr weiß, dass es überhaupt in seinem Besitz ist und auch vehement abstreitet, dass er es überhaupt „hat“. Daher sind sich viele ihrer Schatten auch überhaupt nicht bewusst.
Du kannst Dir das wie eine Art Keller vorstellen, in dem Du vor Jahren oder Jahrzehnten mal etwas deponiert, aber dann vergessen hast, dass es dort noch immer ist. Und dort unten ist es dunkel – stockfinster.
Doch wenn Du Dir mutig eine Taschenlampe schnappst und da mal rum leuchtest, wirst Du spannende Entdeckungen machen, ganz nach dem Motto: “Ach herrje, das liegt hier auch noch rum??? Das hatte ich ja ganz vergessen. Dieser alte Schmerz, diese alte Verletzung … ob die nicht mal weg können?” So beginnt Dein Aufräumprozess.
Wenn Du Dich persönlich weiter entwickeln möchtest, ist Schattenarbeit absolut wichtig und auch unerlässlich! Aber sie ist nicht angenehm. Zumindest nicht im ersten Moment. Sie erfordert Mut und Bereitwilligkeit. Doch wenn Du Deine Schatten besser kennenlernst, wirst Du ein befreiteres Leben führen können. Du wirst Dich buchstäblich selbst befreien. Das verspreche ich Dir!
Je bewusster Du wirst, umso mehr Anteile Deiner Persönlichkeit kannst Du aus dem Unbewussten in Dein Bewusstsein heben und damit integrieren. Du wirst damit vollständiger, denn Deine Seele strebt nach Ganzheit, nach Vervollkommnung. Du bringst also immer mehr Licht ins Dunkel.
Und Schattenarbeit ist ein lebenslanger Prozess. Sie ist ein Marathon und kein Sprint!
Kleiner Spoiler-Alarm: Das ist das wahre Bedürfnis, welches hinter Perfektionismus steckt!
Die meisten Schatten entstehen in der Kindheit
Wenn Du zum Beispiel als Kind oft sehr laut und unbeherrscht warst, dafür aber Schelte von Deinen Eltern bekommen hast, dann lernst Du: “Laut sein ist nicht erwünscht!“
Und da jedes Kind seine Eltern glücklich machen möchte und Dein Verhalten Deine Eltern anscheinend nicht glücklich machte, verdrängst Du den Impuls des Lautseins in Dein Unbewusstes und bist fortan vielleicht leiser oder angepasster.
Dein Gehirn mag es einfach, daher geht es häufig den Weg des geringsten Widerstands.
ABER: Deinem wahren Wesen entspricht das nicht! Du verdrängst lediglich diese Anteile in Dir!
Und verdrängen kannst Du alles: Schuld- und Schamgefühle, Deine Verantwortung, Angst vor Erfolg oder Misserfolg, Angst vor dem Tod, Angst vor Deiner eigenen Wut oder Aggression, Deiner Angst davor gesehen zu werden, Hass, Zorn, Trauer etc.
Wobei Schuld und Angst die zentralen „Bewohner“ Deiner Schattenwelt sind.
Doch wenn wir etwas verdrängen, dann existiert ja scheinbar nur noch eine Seite in uns, die vermeintlich “gute”. Dass wir auch ganz anders sein können, verdrängen wir einfach, denn soo wollen wir ja nicht sein. Dadurch spalten wir aber einen Teil unserer Persönlichkeit ab und klammern diesen einfach aus. Trennung entsteht und wir leben im Entweder-Oder-Modus!
Entweder-oder/Sowohl-als-auch
Doch was wir dabei vergessen, ist, dass immer beides gilt:
Wir sind Sowohl-als-auch. Wir sind immer beides.
Du bist IMMER beides! Denn alles ist in DIR!
Du bist:
– wütend und gelassen
– ängstlich und liebevoll
– laut und leise
– beherrscht und unbeherrscht
– spontan und verplant
- …
Schattenarbeit bedeutet daher die Integration dieser unterschiedlichen Pole und versöhnt Dich mit Dir selbst und anderen. Der Kampf in Dir hört auf!
So einfach ist das … eigentlich!
An dieser Stelle erinnere ich Dich einfach mal an die Geschichte in der Bibel und der Vertreibung aus dem Paradies. Adam und Eva „versteckten“ sich, weil sie vom Baum der Erkenntnis gegessen hatten. Sie versteckten sich vor Gott. Sie hatten Angst vor Bestrafung. Vorher hatten sie mit ihrem SoSein und ihrem Schöpfer kein Problem! Aber nach dem Futtern war Schluß mit lustig. Die Angst ließ sie aus dem Paradies fliehen. Eine herrliche Metapher für unser Menschsein!
Aber was machen wir nun mit all den Schatten und dem „Gerümpel“ im Keller?
Wir nutzen sog. „Abwehrmechanismen“. Eine davon ist die Projektion. Doch dazu gleich mehr.
Schauen wir uns zunächst einmal an, wie wir uns die Sache mit dem Unterbewusstsein vorstellen können.
„Deine Aufgabe ist nicht, nach Liebe zu suchen, sondern nach den Barrieren in Dir selbst, die Du gegen sie aufgebaut hast.“
Rumi
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Foto: Name der Fotografen – Lizenz: CC BY 2.0